Bibliographie: BERGERE., KATSCHNIG Tamara: Gewalt in Wiener Heimen zwischen 1945 und 1990 – eine retrospektive Studie aus psychotraumatologischer Perspektive. Neuropsychiatrie December 2013, Volume 27, Issue 4, pp 188-195

 

Gewalt in Wiener Heimen zwischen 1945 und 1990 – eine retrospektive Studie aus psychotraumatologischer Perspektive.

Ernst Berger, Tamara Katschnig

 

Abstract

Im Auftrag der Opferschutzorganisation „Weißer Ring“ wurden im Verlauf von 12 Monaten (März 2011 – März 2012) Interviews mit 130 Personen (34% Frauen, 66% Männer, Alter-MW 53,6 J.) geführt, die angaben, als ehemalige Heimkinder (1946-1975: 70%, 1976-1990: 25%) traumatisiert worden zu sein. Primäres Ziel der Interviews war es, durch fachliche Einschätzung des Ausmaßes etwaiger Traumafolgen eine Grundlage für Entschädigungsleistungen zu schaffen. Die spätere Evaluation der Interviews ermöglicht Aussagen über die Art und die Quantität subjektiver Traumaerlebnisse und deren Spätfolgen, wenngleich der Prozess der Rekrutierung der InterviewpartnerInnen keine quantitativen Rückschlüsse auf das Gesamtsystem der Sozialpädagogik in Wien zulässt. Alle etwa 1-stündigen klinisch-biographischen Interviews wurden von ein und demselben Beurteiler (mit psychiatrischer und jugendpsychiatrischer Qualifikation) durchgeführt.

Ergebnisse: 98,5% berichten über Erlebnisse psychischer, 96,2% körperlicher und 46,9% sexueller Gewalt. 45,5% berichten auch über positive Erlebnisse (unabhängig von der Art der erlebten Gewalt). Aus den Jahren 1946-75 wird die Häufigkeit körperlicher Gewalt, nicht aber der anderen Gewaltformen, signifikant öfter berichtet als aus späteren Jahren. Probleme im späteren Leben finden sich signifikant häufiger nach sexuellen Gewalterfahrungen: instabile Berufslaufbahnen, instabile Partnerschaften, psychopathologische Symptome, gravierende Turbulenzen im Lebenslauf. Die Erlebnisse körperlicher Gewalt sind signifikant korreliert mit instabiler Berufslaufbahn und tendenziell mit höherer Delinquenzneigung. Die Häufigkeit späterer psychiatrischer Behandlung ist (nicht signifikant) mit der Dauer des Heimaufenthaltes verknüpft.

 

Violence in residential care    a retrospective study from a psychotraumatological perspective

Ernst Berger, Tamara Katschnig

Abstract

Commissioned by the victims-organisation ‘Weißer Ring‘, we conducted 130 interviews (34% female, 66% male, medium age of 53,6 years) during a period of 12 months (March 2011-March 2012). All of them reported that they had been traumatised children in residential care (1946-1975: 70%, 1976-1990: 25%).  The interviews primarily aimed at providing expert estimates of the consequences of individual traumas in order to establish a valid basis for compensation. The later evaluation of the interviews allows insight in to forms and quantity of subjective experiences of trauma and of their consequences for later life; although – due to the sampling procedures – no reliable generalisations about the entire system of Social Pedagogy of the City of Vienna are possible. All 130 one-hour long, clinical-biographic interviews were conducted by the same expert (who has qualifications in general and in adolescent psychiatry).

Results: 98, 5% report experiences of psychic, 96, 2% of bodily and 46, 9% of sexual violence. 45, 5% also report some positive experiences (independent of the form of experienced violence). There are significantly more reports about the frequency of physical violence during 1946-75, however not about other forms of violence than from the later years. Problems in later life emerge more frequently after experiences of sexual violence, such as instable career trajectories, instable partnerships, psychopathological symptoms and severe turbulences in one’s life history. The experiences of physical violence correlate significantly higher with instable career trajectories and (not significantly) with criminal tendencies. The frequency of later psychiatric care is related to the length of time spent in residential care (but not significantly).


 

1.      Einleitung

In Österreich hat die öffentliche Diskussion über Gewalterlebnisse in kirchlichen und staatlichen Heimen in den Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg erst relativ spät begonnen und war von regional unterschiedlichen Entwicklungen geprägt. Die wachsende mediale Berichterstattung seit 2010 hat immer mehr Menschen veranlasst, die Erinnerungen an ihre Erlebnisse in Erziehungsheimen wachzurufen und darüber – in unterschiedlichen Kontexten – zu reden. Die Bereitschaft betroffener Institutionen (kirchlicher und öffentlicher, aber auch privater Träger), in den Diskurs über die historischen Ereignisse einzutreten, konnte erst durch den öffentlichen Druck erreicht werden. Dies führte zur Einrichtung von Opferschutzkommissionen und zu Entschädigungsmaßnahmen. Während in Deutschland eine bundeseinheitliche Initiative („Runder Tisch“) bereits 2011 einen Bericht[1] vorlegen konnte und auch in der Schweiz ein Forschungsprojekt[2] der Guido Fluri-Stiftung über Heimkinder 2010 gestartet wurde, ist die Entwicklung in Österreich durch eine Vielzahl unterschiedlicher Kommissionen gekennzeichnet, deren Wirkungsbereich entweder auf die Aufarbeitung von Gewalt in kirchliche Einrichtungen („Klasnic-Kommission“) oder in öffentlichen Heimen in bestimmten Bundesländern beschränkt ist. Somit liegt bisher kein umfassender Überblick über Gewalterlebnisse im Kontext von Sozialpädagogik vor.

Durch die Medienpubliziät ist einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden, dass viele Kinder, die aufgrund einer Entscheidung der Jugendwohlfahrtsbehörde in öffentliche Erziehungseinrichtungen ("Heime") eingewiesen worden waren, dort Gewalterlebnissen ausgesetzt waren, dass also die von der Sozialpädagogik intendierte Kompensation belastender Sozialisationsbedingungen häufig nicht eingelöst wurde. Nicht kompensatorische, sondern traumatisierende Erziehung prägte den Lebensalltag dieser Kinder.

 

Der Rückblick in vergangene Epochen erfordert auch eine korrekte historische Perspektive, die vorweg kurz skizziert werden soll. Wenn im Jahr 1984 70% (von N=2000) befragter Eltern angegeben haben, als Kind geschlagen worden zu sein, so kann das als Blitzlicht auf die Pädagogik der 1950-60-er Jahre gewertet werden.  Wenn die Aussage 'es sei nichts dabei, wenn einem die Hand ausrutscht' 1977 von 57% und 1984 von 42% bestätigt wird, dann zeigt das den historischen Wandel pädagogischer Ansichten[9]. Für große Bereiche der Gesellschaft der 1950-60-er Jahre trifft wohl Alice Millers [15] Charakterisierung  der „Schwarzen Pädagogik„ zu: „Unter der `Schwarzen Pädagogik´ verstehe ich eine Erziehung, die darauf ausgerichtet ist, den Willen des Kindes zu brechen, es mit Hilfe der offenen oder verborgenen Machtausübung, Manipulation und Erpressung zum gehorsamen Untertan zu machen“. Das Gewaltverbots-Gesetz des Jahres 1989 hat eine markante Zäsur bedeutet [4] Die Häufigkeit von Gewalt als Erziehungsmaßnahme ist schrittweise zurückgegangen und auch der subjektive Maßstab des Verständnisses von 'Gewalt' hat sich verändert. Aber auch heute noch wird die Lebenszeitprävalenz psychischer Gewalt (bei verändertem subjektivem Maßstab) mit 80-90%, schwerer körperlicher Gewalt  mit ca. 15% (Frauen 14,4 / Männer 16,7) und sexueller Gewalt von Frauen mit ca. 30% und von Männern mit ca. 10% angegeben [11]. In den 1950-er und 1960-er Jahren des vorigen Jahrhunderts  waren also andere implizite und explizite pädagogische Normvorstellungen gültig – gesamtgesellschaftlich und in der Sozialpädagogik. Pädagogische Gewalt war weithin akzeptiert und gehörte auch außerhalb von Heimen zur Alltagserfahrung von Kindern und Jugendlichen. Heutige Schilderungen damaliger pädagogischer Praktiken müssen also – unter Vermeidung jeder Geringschätzung auf diesen Hintergrund projiziert werden.

Diese gewaltorientierte Pädagogik hat in den Heimen zweifellos ihre extremste Ausprägung gefunden, da die Nachwirkungen der NS-Pädagogik, die Vorstellungen von Selektion und Aufwandswürdigkeit bis hin zur sozialen Eugenik [2] weiterhin wirksam waren. Ab dem Ende der 1960-er Jahre wurden diese Umstände unter dem Begriff  „Heimmisere“ zum Thema des öffentlichen Diskurses, der in Deutschland früher, in Österreich [13] etwas später stattgefunden hat. Dieser Diskurs „deckte Erziehungsverhältnisse auf, die den Fürsorgeerziehungsskandalen der 20-er Jahre wenig nachstanden. Nach diesen Berichten wird noch immer geprügelt, eingesperrt, unterdrückt, Selbstbewusstsein zerstört, auf Sauberkeit, Gehorsam, Arbeitseifer und Verzicht dressiert, Sexualität verdrängt und werden mit diesen Eingriffen Persönlichkeitsstörungen hervorgebracht, vertieft, vervielfältigt und Außenseiterdasein sowie Kriminalität als zwangsläufige Folgen erzeugt“ [8]. Diese Einsicht formulierte Iben bereits 1972. Die Annahme, dass die in dieser Zeit weit verbreitete Gewaltpädagogik erst jetzt öffentlich thematisiert wird, trifft also keineswegs zu.

 

Auch die Konsequenzen der damaligen Heimerziehung wurden bereits in diesen Jahren beschrieben. Unter dem Begriff „Heimsyndrom“ wurden 1969 u.a. folgende Merkmale zusammengefasst: Psychische Anästhesie, Indolenz, Kontaktscheu, paranoide Reaktionsbereitschaft, Pseudodebilität, Narzissmus, Scheinanpassung [14].

2.       Das Interviewprojekt

2.1.   Kontext der Datenerhebung und Interviewmethodik

Die Stadt Wien hat die Opferschutzorganisation Weisser Ring mit der Durchführung eines Entschädigungsprojekts beauftragt. Auf der Grundlage individueller Gespräche, die mit jeweils einer InterviewerIn (Zufallsauswahl aus einem Team mehrerer fachlich geschulter Personen, meist SozialarbeiterInnen, PsychotherapeutInnen) geführt wurden,  wurde die Anspruchsberechtigung ehemaliger Heimkinder erhoben und einer Kommission zur Entscheidung vorgelegt. Die Gesamtzahl der Meldungen zwischen Herbst 2010 und  Frühjahr 2013 lag bei etwa 1500 Personen („Meldegruppe“). Die vorliegende Arbeit stützt sich auf die Evaluation einer Subgruppe ("Interviewgruppe") von N = 130, die in diesem Rahmen einem der beiden Studienautoren (Berger)  zugewiesen wurden, der über eine langjährige Erfahrung als Psychiater, als Kinder-und Jugendpsychiater sowie als Psychotherapeut sowohl im klinischen als auch im sozialpädagogischen Bereich verfügt. Die Interviewgruppe ist eine 9% – Zufallsstichprobe der Meldegruppe, wobei nicht auszuschließen ist, dass Personen mit einem höheren Ausmaß psychischer Probleme leicht überrepräsentiert sind, da der Interviewer der einzige Psychiater im InterviewerInnenteam war.

Der Versuch, die Zahl der InterviewpartnerInnen zur Gesamtzahl von fremduntergebrachten (Heime, Pflegefamilien) Kindern und Jugendlichen zwischen 1946 und 1990 in Beziehung zu setzen, kann sich nur auf eine grobe Schätzung stützen: nach langjährigen (auch internationalen) Erfahrungen beträgt die Zahl von Plätzen für „volle Erziehung“ (= Fremdunterbringung) in Großstädten etwa 1 % der Kinder und Jugendlichen; in Wien liegt diese Zahl seit mehreren Jahrzehnten ziemlich konstant bei 3000. Die quantitative Schätzung wird noch weiter erschwert, weil die Aufenthaltsdauer auf Fremdpflegeplätzen ebenso wie die Häufigkeit von Entlassungen und Wiederaufnahmen in den verfügbaren administrativen Aufzeichnungen nicht erfasst ist. Somit können wir nur feststellen, dass zwischen 1946 bis 1990 mehrere zehntausend Kinder und Jugendliche fremduntergebracht waren. Die Meldegruppe stellt also vermutlich einen Anteil von weniger als 5% der Gesamtzahl dar.

 

2.2.   Oral history – das Spannungsfeld zwischen subjektiven Berichten und historischer Wahrheit und die Gefahr der Retraumatisierung

 

Der Zeitrahmen, auf den sich die Berichte Betroffener beziehen, spannt sich in unserer Studie von 1946 bis 1990. Zum Zeitpunkt der Interviews liegen die berichteten Erlebnisse also mehrere Jahrzehnte – zwischen 50 und 20 Jahren – zurück. Insbesondere (aber nicht nur) aufgrund dieses langen Zeitintervalls muss die Frage beantwortet werden, wie wir die Relation zwischen subjektiver Erinnerung und historischer Wahrheit sehen. Unser Leitfaden ist die  Sichtweise von Margarete Mitscherlich [16]: „Dennoch sind alle Erinnerungen von Nachträglichkeit geprägt ... Alles, was wir zwischen früher und jetzt erlebt haben, verändert und beeinflusst unsere Erinnerungen“.  Wir gehen davon aus, dass die Wiedergabe von Erinnerungen immer als nachträglich verfasste und mit Sinn versehene Erzählung und somit als Konstruktion zu verstehen ist  [7]. Wahrheit“ ist immer nur das, was eine konkrete Person aus dem macht, was sie als Realität erlebt hat. Auch der situative Kontext der Erzählsituation ist in Rechnung zu stellen: Biographische Interviews werden aus der gegenwärtigen sozialen Position des Interviewten konstruiert und die dargestellte Lebenssituation wird dadurch ebenso gefärbt wie durch die Interviewsituation selbst und durch die Beziehung zwischen den Gesprächspartnern. Auch wenn wir in diesem allgemeinen Kontext von oral history die in den Interviews berichteten Erinnerungen  soweit wie möglich  mit vorhandenen schriftlichen Quellen – den in unterschiedlichem Umfang vorhandenen Akten der Jugendwohlfahrtsbehörde – in Beziehung gesetzt haben, ist nicht davon auszugehen, dass aus den Interviewinhalten ein umfassendes Panorama der Sozialpädagogik dieser Zeit entwickelt werden kann.  Allein die quantitativen Relationen, auf die bereits hingewiesen wurde, machen deutlich, dass ein solcher Anspruch nicht einlösbar wäre. Im Bereich des Möglichen liegt es allerdings, gestützt auf subjektive Berichte eine Skizze eines Sektors dieses Panoramas zu entwerfen – jenes Sektors, in dem Gewalt ein bestimmendes Element gewesen ist.

Ähnlich wie in einem früheren Forschungsprojekt zur Geschichte der Jugendfürsorge [2] steht noch ein anderes Anliegen im Zentrum: die Interviews  auf dem Hintergrund unseres historischen Wissens  in ihrem individuellen Bedeutungszusammenhang zu interpretieren, die subjektiven Dimensionen der Traumatisierung und die Mechanismen der Bewältigung zu verstehen. Die Interviews bieten darüber hinaus die Chance, traumatische Erfahrungen zu kommunizieren, mit den Aufzeichnungen des Aktenmaterials in Beziehung zu setzen und dadurch die Einsicht der Betroffenen in ihre eigene Geschichte – im Sinne der Rehistorisierung als psychotherapeutischer Prozess [3] zu vertiefen. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass die Aktualisierung der Erinnerung auch die Gefahr der Retraumatisierung birgt. Ein Vertrauensverhältnis und die notwendige psychotherapeutische Kompetenz des Interviewers können dieser Gefahr entgegenwirken. „In einer nachträglichen Form der verantwortungsbewussten Zeugenschaft für die Aussagen der traumatisierten Personen legt der Zuhörer Zeugnis über das Gehörte ab. Das Erinnern soll dazu dienen, gemeinsam 'wider das Vergessen anzukämpfen'. Zeugnis abzulegen, das Erlebte vermitteln zu können, gibt dem Schrecken einen Sinn. Der Zuhörer verschafft dem ehemaligen Opfer nicht nur Gehör, er verleiht ihm Sprache und Stimme. Wir gehen davon aus, dass durch diesen Prozess der Konfrontation mit angsterregenden Erinnerungen eine seelische Erleichterung bei den betroffenen Personen möglich ist.“ [12].

Schließlich ist an dieser Stelle auch die Frage nach den Motiven für die Meldung bei der Opferschutzorganisation zu stellen. Die im Interview angegebenen Meldemotive zeigten eine weite Streuung: Manchen war es wichtig, als Opfer wahrgenommen zu werden, andere lehnten den Opferstatus dezidiert ab, hatten aber den Wunsch nach öffentlicher Benennung des damaligen Unrechts. Der Wunsch nach finanzieller Entschädigung stand bei manchen, keineswegs aber bei allen, im Vordergrund und viele hatten die Hoffnung, einen Beitrag zur Aufklärung der historischen Wahrheit – auch ohne eigenen materiellen Vorteil – leisten zu können. Die Intention der Bestrafung der Täter (gerichtliche Anzeige) und der Erlangung einer finanziellen Entschädigung sowie der Anerkennung eines individuellen Opferstatus stand gegenüber dem Wunsch nach gesellschaftlicher Anerkennung des erlittenen Unrechts deutlich im Hintergrund. Die Beobachtung der begleitenden Emotionen und der affektiven Beteiligung wurde in der Beurteilung der Authentizität der Berichte und der aktuellen subjektiven Relevanz der Inhalte mit berücksichtigt. Insgesamt dominiert der Eindruck von „Ehrlichkeit“ und „Offenheit“ der InterviewpartnerInnen.

2.3.   Fragestellungen

Folgende Fragen lagen der Evaluation der Interviews zugrunde:

 

3.      Methodik

Im Zeitraum von März 2011 bis März 2012 wurden Interviews mit N = 130 Personen (w: N=51 / m: N=71. Alter: MW 53,6 a / min 23,5 a/ max 79,4 a) durchgeführt, die sich als Betroffene von Gewalt in Heimen bei der Opferschutzkommission des Weißen Rings gemeldet haben.

Das Interview wurde als etwa 1-stündiges Gespräch („klinisches Interview“) geführt. Es handelt sich um ein teilstrukturiertes Interview mit ausführlichen narrativen Anteilen. Die Strukturvorgaben bezogen sich auf folgende Bereiche: Heim'karriere' (in welchen Heimen waren sie?), Schilderung der Erlebnisse im Heim (welche Erinnerungen haben sie an ihre Zeit im Heim?), subjektiv relevante Aspekte des späteren Lebens (wie ist ihr späteres Leben verlaufen?).. Der Gesprächsrahmen wurde einleitend folgendermaßen festgelegt: es geht nicht um Wahrheitsfindung, sondern um das Verständnis des Zusammenhangs der früheren Erlebnisse mit dem späteren Leben. Empathie und der Ausdruck von Verständnis für das durch Unrecht erlittene subjektive Leid waren wesentliche Aspekte der Gesprächsführung.

Der überwiegende Anteil der Informationen stammt aus den spontanen Erzählungen, die nur selten durch konkretisierende Nachfragen fokussiert wurden.

Die Evaluation wurde als semiquantitative Beurteilung der Interviewinhalte nach folgendem Raster durchgeführt:

 

 

 

 

 

 

 

Beurteilungsbereiche

Beurteilungsskala

Familiäre Vorgeschichte

 

 

nicht belastet  / Gewalt / Psychopathologie / Instabil (broken home, deutliche Erziehungsprobleme)

Heimerinnerungen

Gewalterlebnisse im Heim

Allg. Gewaltpädagogik[3] / spezif. Gewalt[4] / keine Gewalt

 

Gewaltformen

 

Körperl. Gewalt (1 gering-10 stark)

Psychische Gewalt (1-10)

Sexuelle Gewalt (1-10)

 

Positive Erinnerungen aus den Heimen

Ja / nein

 

Gewalterlebnisse im Heim

Allg. Gewaltpädagogik / spezif. Gewalt / keine Gewalt

 

Gewaltformen

 

Körperl. Gewalt (1-10)

Psychische Gewalt (1-10)

Sexuelle Gewalt (1-10)

 

Positive Erinnerungen aus den Heimen

Ja / nein

 

Gewalterlebnisse im Heim

Allg. Gewaltpädagogik / spezif. Gewalt / keine Gewalt

Späterer Lebensweg

 

Partnerschaft

Keine / rel. instabil / rel. stabil

 

Berufslaufbahn

 

Keine / rel. instabil / rel. stabil

 

Lebensprobleme

 

Keine relevanten / Probleme Sozialkontakt / gravierende Turbulenzen

 

Delinquenz

 

Keine /  marginal / lebensbestimmend

 

Somatische Krankheiten

Keine relevanten / marginal / lebensbestimmend

Coping

Dauer

Bisher keine / seit kurzer Zeit /seit langem

 

Setting

Informell / professionell /  keines

 

Psychiatrische Behandlung

Ja / nein

Hinweise auf Psychopathologie

 

Keine / nur anamnestisch / aktueller Befund (Interviewsituation) auffällig

Tab. 1 Evaluationsmatrix

 

4.      Ergebnisse

4.1.   Meldemotive

Folgende Ergebnisse können mit dem Aspekt der Meldemotive in Zusammenhang gebracht werden: Nur 20% (N=26) haben spontan einen Anzeigewunsch formuliert und 45,4 % haben in ihren spontanen Erzählungen (ohne spezifische Nachfrage) auch positive Erinnerungen berichtet (diese Gruppe unterscheidet sich in keinem der erhobenen Parameter von denen, die keine positiven Erinnerungen erzählen).

 

4.2.   Heime

Die Interviews bezogen sich auf Erinnerungen aus insgesamt 63 verschiedenen Heimen. Die Trägerschaft dieser Heime reicht von gemeindeeigenen über kirchliche zu privaten Heimen, in die Kinder durch Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendwohlfahrt (Jugendamt der Stadt Wien) eingewiesen wurden. Die Einweisungsgründe waren breit gestreut: broken home-Situationen, Gewalt (einschließlich sexueller Gewalt) in der Familie, Vernachlässigung und Aufsichtsmangel, Erziehungsprobleme, Verhaltensstörungen u.a.m. Neben den subjektiven Erinnerungen konnten die Einweisungsgründe in vielen Fällen auch anhand der Aufzeichnungen der Akten der Jugendämter überprüft werden, jedoch war eine systematische quantitative Auswertung aufgrund der Lückenhaftigkeit der Unterlagen nicht möglich.

Aus der überwiegenden Mehrzahl der Interviews ist eine "Heimkarriere" (Aufenthalt in mehreren Heimen) abzulesen.  Der "Aufenthalt in 1 Heim" umfasst auch N = 9 InterviewpartnerInnen, die zusätzlich auch (meist einige Wochen) in der zentralen Administrationseinrichtung "Kinderübernahmsstelle" (KÜST) aufgenommen waren.

 

Aufenthalt in

1 Heim

2 – 5 Heimen

> 6 Heime

N = 27 (20,8%)

N = 75 (57,7%)

N = 28 (21,5%)

Tab. 2:  Zahl der "absolvierten" Heime

 

 

 

4.3.   Aufenthaltsdauer, Herkunftsfamilien, Gewalterlebnisse

Wir haben die Zeit zwischen 1946 und 1990 in zwei Perioden unterteilt und das Jahr 1975 deshalb als Zäsur gewählt, weil etwa um diese Zeit in der Wiener Sozialpädagogik erste Reformen – vorerst meist als Pilotprojekte – umgesetzt wurden [10].

76,6 % waren zwischen 1946-1975 und 23,4% zwischen 1976-1990 im Heim. Weitere zwei InterviewpartnerInnen waren bereits vor 1945 und weitere 4 nach 1990 im Heim.

Nur 5,4% geben in ihrer Erinnerung unbelastete familiäre Konstellationen an; 36,1% stellen ihre Herkunftsfamilie als gewaltbelastet, 52,3% als instabil und 6,2% als psychopathologisch belastet dar.

Die Aufenthaltsdauer verteilt sich folgendermaßen:

< 5 a

5-10 a

11-15 a

> 15 a

20,8%

46%

21,5%

11,5%

                                   Tab. 3 Aufenthaltsdauer

 

Um die Gewalterlebnisse in ihrem historischen Kontext korrekt abzubilden (vgl. die

oben dargestellte gesellschaftliche Konstellation der „schwarzen Pädagogik“), haben wir die Gewalterlebnisse in die Kategorien „allgemeine Gewaltpädagogik“ und „spezifische Gewalt“ unterteilt: 57,7% gaben an, auch Formen spezifischer Gewalt erlebt zu haben, 40,8% erinnern sich „nur“ an allgemeine Gewaltpädagogik und 1,5% haben keine Erinnerung an Gewalterlebnisse.

Fast alle Personen (98,5%) geben psychische Gewalterlebnisse an; die Häufigkeit körperlicher Gewalterlebnisse ist mit 96,2% nur knapp niedriger; Erinnerungen an Erlebnisse sexueller Gewalt werden von 48,5% angegeben. In allen drei Gewaltbereichen gibt es keine (statistisch signifikanten) Geschlechtsunterschiede, wenngleich Männer etwas häufiger von körperlichen und von sexuellen Gewalterlebnissen berichten (Mittelwert auf 10-stufiger Skala: körperliche Gewalt: 3,84 Frauen;  4,15 Männer / sexuelle Gewalt: 1,75 Frauen;  2,53 Männer).

 

Körperliche Gewalterlebnisse werden signifikant (p=0,006) häufiger von ehemaligen Heimkindern der Periode 1946-75 angegeben (Mittelwert  Periode 1946-75: 5,35 zu MW Periode 1976-90: 3,28).

 

4.4.   Auffälligkeiten des späteren Lebensweges

 

10,8% gaben an, keine Partnerschaften gehabt zu haben, in 53% waren die Partnerschaften relativ instabil, 36,2% führten relativ stabile Partnerschaften.

Die berufliche Laufbahn verlief bei 39,2% relativ stabil, bei 38,5% relativ instabil und 22,3% gaben an, keine Berufslaufbahn gehabt zu haben- ihr Arbeitsleben bewegte sich zwischen Gelegenheitsarbeiten  und Arbeitslosigkeit.

Relevante Schwierigkeiten in der Gestaltung sozialer Kontakte werden von 54,6% angegeben, 26,2% schildern diesbezüglich gravierende Turbulenzen im bisherigen Lebensweg und 19,2% gaben keine derartigen Probleme an.

Delinquentes Verhalten wurde von 23,1% als geringfügiges Problem  bezeichnet, von 3,8% als lebensbestimmend und von 73,1% negiert.

Keine relevanten psychischen Probleme wurden von 27,7% angegeben, 20% zeigten im Rahmen des Interviews klinisch relevante psychopathologische Symptome und 52,3% schilderten im Interview psychische Probleme im bisherigen Lebensverlauf, die als klinisch relevant einzustufen sind.

45,4% gaben an, in dieser oder jener Form seit langem gezielte Versuche zur Bewältigung der traumatischen Erlebnisse unternommen zu haben, 20% machten derartige Copingversuche seit Kurzem und 34,6% haben noch nie solche Versuche gemacht. Die Bewältigungsversuche, die in keinem quantitativem Zusammenhang mit der Ausprägung psychopathologischer Symptome stehen, haben bei 40,4% in einem professionellen Setting (Psychotherapie), bei 25% in einem informellen Setting (Gespräche mit FreundInnen oder PartnerInnen) stattgefunden. Über psychiatrische Behandlungsperioden im Laufe des Lebens berichteten 30,8% (69,2% hatten keine psychiatrischen Kontakte), dieser Parameter korreliert positiv (nicht signifikant) mit der Dauer des Heimaufenthaltes.

Die genannten Häufigkeitsangaben zeigen keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Heimperioden (1946-75 vs. 1976-90).

 

4.5.   Zusammenhänge zwischen Trauma und Lebensweg

Das Auftreten psychopathologischer Probleme (ausschließlich anamnestische Angabe wird niedriger gewertet als direkte Beobachtung) korreliert mit den Berichten über Gewalterlebnisse im Heim (signifikant s. Tab. 4) und der Angabe sexueller Gewalt (signifikant, s. Tab. 5). Keine Zusammenhänge bestehen zu den Parametern familiäre Vorgeschichte, Dauer des Heimaufenthaltes (s. Tab. 6).

 

Die Intensität sexueller Gewalterlebnisse, die aus den narrativen Darstellungen abgeleitet werden konnte, steht in einem statistisch signifikanten Zusammenhang mit Partnerschaftsproblemen (p=0,015) und mit den Schwierigkeiten der Gestaltung sozialer Beziehungen (p=0,012). (s. Tab. 7), sowie (nicht signifikant) mit Problemen der Berufslaufbahn. Der Zusammenhang mit den Erlebnissen körperlicher Gewalt weist tendenziell in die gleiche Richtung, allerdings ohne statistische Signifikanz. (s. Tab. 8). Bei psychischer Gewalt ist dieser Zusammenhang nicht gegeben. Erlebnisse körperlicher Gewalt korrelieren mit späteren Delinquenzproblemen (statistisch signifikant p=0,016)  (s. Tab.9).

 

5.      Diskussion

Umfassende aktuelle Dokumentationen über die Gewalterlebnisse früherer Heimzöglinge in Österreich wurden von Sieder et al. [18] und Schreiber [17] vorgelegt. Die Publikation von Schreiber bezieht sich auf Tiroler Heime, die Publikation von Sieder et al. wurde im Auftrag der Stadt Wien zum selben Themenkreis wie die vorliegende Arbeit erstellt . Beide Publikationen wählen eine kasuistische und sozialhistorische Perspektive und  kommen hinsichtlich der Präsenz von Gewalt in den damaligen sozialpädagogischen Einrichtungen zu ähnlichen Ergebnissen wie unsere Studie, stellen aber die nachfolgende Lebensperiode nicht ins Zentrum. Eine rezente Publikation zu einer Studie in Schottland [6] hat die Lebenssituation von Jugendlichen nach Entlassung aus Heimen (2000-2001)  zum Thema: die Jugendlichen zeigen Unterbrechungen der Ausbildung und schlechte Qualifikation, häufigere Arbeitslosigkeit (61% verglichen mit 10% der Normalpopulation), instabile Wohnsituationen und bei 40% Wohnungslosigkeit, frühe Elternschaft (< 17.Lj. bei Knaben 9%, bei Mädchen 16%, verglichen. mit 7% aller schottischen Frauen). Auch Lernschwierigkeiten, emotionale und Verhaltensschwierigkeiten und psychische  Krankheiten treten häufiger auf –  in 60% nach Heimerziehung (vgl. mit 42% nach anderen Formen der Fremdunterbringung). Auch wenn diese Zahlen wiederum auf dem Hintergrund von negativen Vorerfahrungen in den Herkunftsfamilien gesehen werden müssen, ist anhand der Studienergebnisse festzustellen, dass sozialpädagogische Erfahrungen vorbestehende Schwierigkeiten eher verstärken als kompensieren können. Auf dieses Faktum haben Mader und Sluga [14] mit der Beschreibung eines „Heimsyndroms“ bereits 1969 hingewiesen.

Die Tatsache, dass (im Jahr 2008) 67% der Jugendlichen, die in Heimen oder Pflegefamilien leben, psychische Störungen zeigen (verglichen mit 15% der Jugendlichen in Ursprungsfamilien), wird mit mehreren Risikofaktoren in Beziehung gesetzt, unter denen Vernachlässigung und Missbrauch in den Herkunftsfamilien eine wesentliche Rolle spielen [1]. Auch In unserer Studie liegt die Zahl der Belastungen der Herkunftsfamilie mit 94,6% sehr hoch. Der hohe Anteil von familiärer Vorbelastung entspricht dem gesellschaftlichen Auftrag an die Sozialpädagogik, deren Aufgabe die Kompensation dieser Belastungen wäre. Die Heimerziehung als die dominierende Form sozialpädagogischer Betreuung der damaligen Zeit  konnte – gemessen an den Berichten der Interviewgruppe –diesen Anspruch nicht (umfassend) einlösen. Die Tatsache, dass auch aktuelle Studien [6] zum E rgebnis  kommen, dass sozialpädagogische Erfahrungen vorbestehende Schwierigkeiten eher verstärken als kompensieren können,  ist nicht als Relativierung der geschilderten Gewalterlebnisse, sondern als substantielle Kritik an den Inhalten damaliger und heutiger Sozialpädagogik zu verstehen.

Bei der Betrachtung des späteren Lebensweges stehen die Instabilität der Partnerschaft und der Gestaltung sozialer Kontakte – gefolgt von instabilen Berufswegen – an der Spitze der späteren Lebensprobleme. Diese Tatsache erscheint inhaltlich plausibel und erklärt sich zweifellos aus abnormen Bedingungen der Sozialisation in der Peergroup der Heime. Ähnlich ist auch das hohe Maß an klinisch relevanten psychischen Problemen im Lebensverlauf zu interpretieren, das mit 72% etwa der Häufigkeit von 67% bei van Beinum [1] entspricht.

 

Der signifikante Rückgang der Häufigkeit (berichteter) körperlicher Gewalt zwischen den beiden Heimperioden ist vermutlich auf einen epochalen Veränderungsprozess [5], auf den damaligen öffentlichen Diskurs über die „Heimmisere“ [8] und die beginnenden Reformtendenzen in der Sozialpädagogik [10] zurückzuführen.

 

Den Erlebnissen sexueller Gewalt kommt offensichtlich spezifische Bedeutung unter den verschiedenen Gewaltformen zu – sie zeigen deutliche Zusammenhänge mit späterer Psychopathologie, Partnerschaftsproblemen und Schwierigkeiten in der Gestaltung sozialer Beziehungen. Hier wird der tiefe Eingriff sexueller Gewalt in die Persönlichkeitsentwicklung erkennbar. Erlebnisse körperlicher Gewalt hingegen prägen vor allem die späteren Strategien der Bewältigung von Konflikten  - sie sind spezifisch mit späteren Delinquenzproblemen verknüpft.

Die Tatsache, dass fast die Hälfte der InterviewpartnerInnen spontan auch positive Erinnerungen berichtetet, kann ebenso wie der niedrige Anteil an Anzeigewünschen als Parameter dafür gewertet werden, dass das Ausmaß einer tendenziösen Verzerrung in den Berichten als gering einzuschätzen ist.

 

LITERATUR

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Med. f. Menschen m. Behind. 2007, 4, 10 -16

 

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[8] Iben G. Selbst- und Mitbestimmung in sozialpädagogischen Institutionen. In: Leber A., Reiser H. (Hrsg.): Sozialpädagogik, Psychoanalyse und Sozialkritik. Neuwied , Luchterhand, 1972

 

[9] Institut für empirische Sozialforschung (IFES) Züchtigung als Erziehungsmittel. In: Bundesministerium f. Familie, Jugend u. Konsumentenschutz (Hrsg.): Gegen die Gewalt am Kind. Wien, 1984

 

[10] Jugendamt der Satdt Wien (Hrsg.): Aktuelle Probleme der Heimerziehung. Jugend & Volk, Wien 1981

 

[11] Kapella O., Baierl A., Rille-Pfeiffer Christiane, Geserick Christine, Schmidt Eva-Maria: Gewalt in der Familie und im nahen sozialen Umfeld - Österreichische Prävalenzstudie zur Gewalt an Frauen und Männern. Österreichisches Institut für  Familienforschung , Universität Wien, 2011

[12] Kronberger Maria-Luise Überlegungen zur Beschäftigung mit Überlebenden aus psychoanalytischer und psychiatrischer Sicht. (S 338) In: BERGER E. (Hrsg.) Verfolgte Kindheit. Wien, Böhlau, 2007

 

[13] Leirer Irmtraud, Fischer Rosemarie, Halletz Claudia. Verwaltete Kinder. Eine soziologische Analyse von Kinder- und Jugendlichenheimen im Bereich der Stadt Wien. Wien 1976

 

[14] Mader R., Sluga W. Persönlichkeitsänderung durch langen Heimaufenthalt. Acta Paedopsychiat. 36, 36-45, 1969

 

[15] Miller Alice:  Evas Erwachen – Über die Auflösung emotionaler Blindheit. Frankfurt / M., Suhrkamp, 2001

[16] Mitscherlich Margarete:  Die Radikalität des Alters. (S 15) Frankfurt / M., Fischer, 2010

[17] Schreiber, Horst: Im Namen der Ordnung. Heimerziehung in Tirol. Studien-Verlag, Innsbruck/Wien/Bozen 2010

[18] Sieder Reinhard,  Smioski Andrea Der Kindheit beraubt. Gewalt in den Erziehungsheimen der Stadt Wien. Wien, Studienverlag, 2012

 


Tabellen – Zusammenhang zwischen Lebensproblemen und Traumaerlebnissen:

 

 

 

Psychopathol

Gewalt Heim

Psychopathol

Korrelation nach Pearson

1

,211*

Signifikanz (2-seitig)

 

,019

N

124

124

Gewalt Heim

Korrelation nach Pearson

,211*

1

Signifikanz (2-seitig)

,019

 

N

124

124

*. Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant.

                        Tab. 4 (Gewalt und Psychopathologie)

 

 

 

 

Psychopathol

sexuelle Gewalt

Psychopathol

Korrelation nach Pearson

1

,302**

Signifikanz (2-seitig)

 

,001

N

124

124

sexuelle Gewalt

Korrelation nach Pearson

,302**

1

Signifikanz (2-seitig)

,001

 

N

124

124

**. Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.

                        Tab. 5 (sexuelle Gewalt u. Psychopathologie)

 

 

 

 

Psychopathol

fam. Vorgeschichte

Jahre Heim (Dauer in Jahren)

Psychopathol

Korrelation nach Pearson

1

,005

,086

Signifikanz (2-seitig)

 

,953

,341

N

124

124

124

fam. Vorgeschichte

Korrelation nach Pearson

,005

1

,037

Signifikanz (2-seitig)

,953

 

,684

N

124

124

124

Jahre Heim (Dauer in Jahren)

Korrelation nach Pearson

,086

,037

1

Signifikanz (2-seitig)

,341

,684

 

N

124

124

124

                                   Tab. 6 (Vorgeschichte, Jahre im Heim u. Psychopathologie)

 

 

 

 

sexuelle Gewalt

sexuelle Gewalt

Korrelation nach Pearson

1

Signifikanz (2-seitig)

 

N

124

Partnerschaft

Korrelation nach Pearson

-,218*

Signifikanz (2-seitig)

,015

N

124

Berufslaufbahn

Korrelation nach Pearson

-,116

Signifikanz (2-seitig)

,199

N

124

Lebensprobleme

Korrelation nach Pearson

,224*

Signifikanz (2-seitig)

,012

N

124

*. Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant.

**. Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.

            Tab. 7 (sexuelle Gewalt u. spätere Probleme)

 

 

 

 

körperl.Gewalt

körperl.Gewalt

Korrelation nach Pearson

1

Signifikanz (2-seitig)

 

N

124

Partnerschaft

Korrelation nach Pearson

,040

Signifikanz (2-seitig)

,659

N

124

Berufslaufbahn

Korrelation nach Pearson

-,012

Signifikanz (2-seitig)

,894

N

124

Lebensprobleme

Korrelation nach Pearson

,021

Signifikanz (2-seitig)

,815

N

124

**. Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.

*. Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant.

            Tab. 8 (körperl. Gewalt u. spätere Probleme)

 

 

 

 

 

 

 

körperl.Gewalt

Delinquenz

körperl.Gewalt

Korrelation nach Pearson

1

,216*

Signifikanz (2-seitig)

 

,016

N

124

124

Delinquenz

Korrelation nach Pearson

,216*

1

Signifikanz (2-seitig)

,016

 

N

124

124

*. Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant.

                        Tab. 9 (körperl. Gewalt u. spätere Delinquenz)

 

 

 

 

 

 

 

Bei keinem der beiden Autoren besteht ein Interessenskonflikt.



[1] Abschlussbericht der Unabhängigen Beauftragten zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs, Dr. Christine Bergmann

[2] http://www.kinderheime-schweiz.ch/de/kinderheime_schweiz_hintergrund.php

[3] Allgemeine Gewaltpädagogik /Beispiele (Strafmaßnahmen): Schläge mit Lineal, nächtliches Strafe stehen, Prügelstrafe und Kniebeugen wegen nächtlichem WC-Gang; nächtliches Namensticken auf Merkbänder; knien im Waschraum mit Büchern auf den Händen,; Zwang zum Essen durch Zuhalten der Nase

[4] Spezifische Gewalt: jede Form sexueller Gewalt sowie folgende Strafen (beispielhaft): Schläge mit Schlüsseln oder Holzschuhen ; Isolation in kleinem Kellerraum mit Matratze, die morgens entfernt wurde - längste Strafzeit war 6 Wochen Einzelhaft; gewaltsame gynäkologische Untersuchung nach Entweichung; sexuelle Belästigung (sexuelle Berührungen, Wasserstrahl aufs Genitale beim Duschen); Schläge auf den Mund bis die Lippen verschwollen waren als Strafmaßnahme fürs Nägelkauen; Schläge auf den Penis bei unzureichender Reinigung oder als Strafe wegen Onanie